Reisebericht Japan 2025: Hoshino

Reiseberichte  /  24. April 2025
Besuch bei zwei Familienbetrieben in der Teeregion Yame, 16.-17. April 2025 Wir sehen Teefabriken, Macchamühlen, das Rösten von Hojicha und den Teegarten von einem der besten Gyokuro

Die Teeregion Yame, bekannt für wunderbare Tees mit ausgeprägten Röstaromen

Yame ist eine der berühmtesten Teeregionen Japans, vor allem bekannt für seine wunderbaren Gyokuro und Maccha mit den charakteristischen Röstaromen, da die Endtrockung mit viel Hitze geschieht. Regelmässig gewinnt ein in Yame produzierter Gyokuro den ersten Preis im Alljapanischen Teewettbewerb. Mengenmässig ist Yame nur eine kleine Teeregion; allerdings wird hier fast die Hälfte aller Gyokuro Japans produziert. Die Teeproduktion soll hier bereits im 15. Jahrhundert angefangen haben, nachdem der Mönch Eirin Shuzai Teesamen und Teeproduktionstechniken aus China mitbrachte. Im 19. Jahrhundert kam dann die Sencha-Verarbeitung von Kyoto nach Yame.

Das Dorf Hoshino gilt als bestes Teeanbaugebiet innerhalb von Yame. Hierhin führt uns der nächste Besuch auf unserer Reise. Seit mehr als 10 Jahren arbeiten wir mit zwei alteingesessenen Familienunternehmen zusammen. Beide kaufen Aracha von den umliegenden Teebauern und verarbeiten diese zu Shiagecha:

die teeanbauenden KleinproduzentInnen pflücken die Teeblätter und verarbeiten diese zum groben, unfertigen Tee:

  • dämpfen, kneten und rollen, trocknen für Sencha und Gyokuro,

  • dämpfen, auflockern und verkleinern, trocknen für Tencha, das Ausgangsprodukt für den gemahlenen Maccha.

Dieses Aracha genannte Vorprodukt wird von den Teefirmen gekauft und gelagert. Das fertige Endprodukt, der vollendete oder raffinierte Tee heisst Shiagecha. Dafür wird Aracha in verschiedenen Stufen aussortiert: Schütteln (Blattgrösse), Windgebläse (Blattgewicht/Dichte), Elektrostatik (Stengel/Blätter) und Lichtsensoren (Farbe/heller und dunkler) sowie aussortieren von Fremdmaterial. Danach wird das Blattgut endgetrocknet, hier in Yame eher mit hohen Temperaturen, um die charakteristischen Röstnoten zu erhalten. Je nach gewünschter Menge und/oder Geschmacksnuancen werden verschiedene Chargen gemischt. Oft bereits als Aracha, denn so kann über das ganze Jahr hindurch immer wieder konstant schmeckender frischer Shiagecha verarbeitet werden.

Teegärten eines Tebauern in Hoshino, der unter anderem ein Teil unseres Sencha Yamato anbaut.

Hoshino Seicha-en, ein Familienbetrieb mit höchsten Qualitätsansprüchen

Hoshino Seicha-en im Dorf Hoshino verarbeitet ausschliesslich Tees aus der Region Yame und gehört hier zu den grössten Tee-Einkäufern. Wir werden von Sakada Kenji abgeholt, er ist seit dem Beginn unserer Zusammenarbeit unser persönlicher Kontakt. Wir fahren zuerst zu einem Teebauern, der unter anderem einen Teil des Tees für unseren Sencha Yamato produziert. Später sitzen wir mit Kenji und Koga Reiko im Empfangszimmer, Reiko gehört zur Familie Yamaguchi und ist diejenige in der Firma, die am besten Englisch spricht und für uns übersetzt. Wir besprechen die zu erwartenden Lieferungen, klären einige Fragen zum Sencha Yamato und diskutieren über die unglaublich hohe Nachfrage nach Maccha weltweit - interessanterweise ausser in Japan.

Hoshino Seicha-en hat allerhöchste Qualitätsansprüche, die Menge an Maccha ist dementsprechend sowieso schon gering. Neben den Lieferungen an die verschiedenen Teezeremonie-Schulen in Japan - und diese haben logischerweise erste Priorität - bleibt einfach nur wenig übrig. Sie versuchen, uns (und den anderen ihrer KundInnen) die gleiche Menge wie letztes Jahr zu liefern. Je nach Wetterbedingungen wird die Ernte besser oder weniger gut ausfallen. Dieses Jahr war es kühl, die Ernte ist spät, die ersten frischen Blätter haben zum Teil Frostschäden erlitten. Wir werden sehen.

Hojicha und Maccha - der grüne Stengeltee Kukicha wird zu Hojicha geröstet in der grossen Trommel; der ungerollte Grüntee Tencha wird in Steinmühlen zu Maccha vermahlen.

Teeverarbeitung, Meister im Tee beurteilen, grosse Teefelder

Auch hier stellen wir unser Buchprojekt vor und zeigen das Buch über chinesischen Tee und Teekultur namens Gongfucha, welches 2019 erschienen ist. Gerade eben ist der Präsident und CEO Yamaguchi Toshiyuki uns begrüssen kommen, auch er ist sichtlich beeindruckt und blättert lange im Buch. Wir sprechen über chinesische Teeverarbeitungen und über japanische Teewettbewerbe. An der Wand hängen die beiden Urkunden zur Auszeichnung der Brüder Yamaguchi Shinya und Yamaguchi Yosuke, die beide im (höchsten) 10. Dan Teebeurteilungsmeister sind. Shinya hat uns bei unserem letzten Besuch in die Teegärten begleitet und hat uns auch jetzt kurz begrüsst.

Vor dem Mittagessen können wir die Hojicha-Fabrik unten im Gebäude besichtigen, die heute gerade in Betrieb ist. Hier wird meistens aus Nebenprodukten wie Kukicha (Stengeltee) gerösteter Grüntee produziert. Nachher sehen wir einmal mehr die auf Hochtouren laufenden Macchamühlen.

Nach dem Mittagessen mit Reiko und Kenji fährt uns letzterer zu den Yame Central Tea Fields, eine riesige hügelige Fläche, voll von Teebuschreihen. Der Wind streicht durch die Büsche, da und dort ist schon ein heller Flaum von frischen Teeblättern zu sehen. Ein schönes Bild, allerdings nicht gerade das Ideal eines kleinräumigen Teegarten mit hoher Biodiversität.

Das Abschiedsbild mit Kenji und drei Mitgliedern der Familie Yamaguchi sowie die Yame Central Tea Fields

Koga Chagyo, ein Familienbetrieb mit Direktkontakten zu vielen Wettbewerbsgewinner-Teebauern

Am nächsten Tag werden wir von Kumiko Koga und der Übersetzerin Oda Atsuko abgeholt. Kumiko und ihre Eltern führen die Firma Koga Chagyo. Sie produzieren hervorragende Gyokuro und haben über ihr Netzwerk an Teebauern Zugang zu preisgekrönten Wettbewerbs-Tees; so hatten wir über sie schon einige Male vom Gewinner des Alljapanischen Gyokuro-Wettbewerbs kaufen können. Neben Sencha und anderen Grüntees aus Yame handeln sie auch mit Tees aus anderen Regionen der Insel Kyushu, sei es Bio-Maccha aus Kirishima oder günstige Bio-Standardtees wie Sencha, Bancha, Kukicha.

Heute können wir Kurazumi Tsutomu besuchen. Er hat die beiden letzten Jahre den 1. Platz im 1. Rang des Alljapanischen Gyokuro-Wettbewerbs gewonnen; diesen Gold-Gyokuro konnten wir allerdings nicht bekommen. Dafür einen anderen seiner Gyokuro und von seinem Maccha. Nun hat er uns seine Teegärten und seine Tencha-Fabrik gezeigt, die Fabrik ist bereit und wartet auf frisches Pflückgut von beschatteten Büschen, woraus dann schlussendlich Maccha wird. Die Teegärten sind bereits mit hellen Kunststofftüchern oder mit Reisstroh zum Beschatten bedeckt, später wird dann eine weitere Schicht daraufgelegt und zum Schluss auch das Tuch aus Kunststoff unterhalb der Strohbedeckung ausgezogen, um die Beschattung zu verstärken. Wie immer in Teegärten schaue ich mir genau den Boden und die Stämme der Teebüsche an, da hier viel zur Qualität des Teeanbaus abzulesen ist Kurazumi-san staunt und freut sich über meine fachmännische Begutachtung.

Der Teegarten von Kurazumi-san für seinen Wettbewerbs-Gyokuro

Eine weitere Teefabrik und die verschiedenen Arten, Maccha zu mahlen

Später fahren wir zur Fabrik von Koga Chagyo in der Stadt Miyama. Im Besprechungszimmer essen wir einen Lunch aus dem Teecafe-Teeladen, der von Kumikos Schwester geführt wird. Kurz kommt auch der Vater Koga Masahiro zur Begrüssung vorbei. Wir besprechen ähnliche Themen wie bei Hoshino Seicha-en und zeigen auch hier das China-Teebuch und erzählen vom entstehenden Japan-Teebuch. Wir werden durch die Fabrik geführt und sehen ein weiteres Mal die Shiagecha-Verarbeitung und die Maccha-Mühlen in Aktion. Neben den traditionellen Steinmühlen für edle Qualitäten sehen wir hier auch die Maschinen, in denen der Tencha von Keramikkugeln zermahlen wird. Das geht viel schneller und gibt ein feineres Maccha-Pulver, welches super für Maccha-Latte, Backwaren und sonstige Verwendungen geeignet ist, jedoch weniger für die klassische Variante des Aufschäumens mit Bambusbesen, weil die Struktur, die Konsistenz der steingemahlenen Maccha nicht erreicht wird.

Maschinen in der Teefabrik: eine der Aussortier-Maschinen, eine riesige Mischtrommel, ein Behälter mit Maccha, die modernen Keramik-Mühlen für Maccha zum Backen oder mit Milch
Besuche in Hoshino in früheren Jahren

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Kaspar Lange, April 2025