Reisebericht Japan 2025: Iruma (Dupliziert) (2)

Récit de voyage  /  19. April 2025
Besuch bei einem kleinen Teeproduzent in der Region des Tama Ryokucha, 19. April 2025 Ausflug in die Hügel um Ureshino und zur Teeproduktion in einer Teefabrik.

Der hiesige lokale Tee: Tama Ryokucha und Kamairicha

Unser letzter Besuch in den Teeproduktionsregionen Japans führt uns in die Kleinstadt Ureshino in der Präfektur Saga. Hier gibt es klassischerweise keine Sencha, die Teeblätter werden hier zu Tama Ryokucha verarbeitet. Davon existieren zwei Varianten, die traditionellen im Wok befeuerten Kamairicha sowie die modernen gedämpften Mushiguricha oder Mushisei Tamaryokucha. Diejenigen, die einfach Tama Ryokucha heissen, sind die gedämpften Varianten.

Ende des 16. Jahrhunderts kam aus China der wok-befeuerte Grüntee nach Japan, der besonders von den Gebildeten geschätzt wurde, auch im Gegensatz zum Maccha respektive zur rigiden Tee-Zeremonie der herrschenden Krieger und Adligen. Das einfache Volk trank wenn überhaupt die einfachen Kamairi-Bancha, welche oft auch aus ein paar Teebüschen im Garten selber hergestellt wurden. Erst mit dem aufkommen des Sencha und dessen forcierter Produktion zwecks Export verschwand der wokbefeuerte Kamairi-Cha aus dem Alltag. Um in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts die sinkende Nachfrage des Westens durch Exporte in die Sowjetunion und die arabischen Länder zu kompensieren, wurde versucht, mit den Sencha-Fabriken ein dem Kamairicha ähnlicher Tee zu produzieren, der mit chinesischen Grüntees gemischt werden konnte. Das Ergebnis war der gedämpfte Tamaryokucha. Er wird anders gerollt als Sencha, der letzte Schritt des Rollens, welcher die typische Nadelform ergibt, wird weggelassen. Der Trocknungsprozess ist komplexer und wegen der Form (Tama bedeutet kugelig) schwieriger zu handhaben.

Heutzutage werden die gedämpften Tama Ryokucha fast wie Sencha produziert, oft beschattet und tief gedämpft. Auch die wokbefeuerten Kamairicha sind sehr selten geworden.

Der hübsch eingerichtete Laden von Tokunaga Seicha

Der lokale Teemarkt, Beziehungen zu anderen Teeregionen

Bei unserer Ankunft ist gerade die Auktion des Tees des ersten Erntetages im Gange, Tokunaga Kazuhisa ist selbstverständlich dabei. Wir werden im Laden von Tokunaga Seicha von seiner Frau Vera empfangen und dann zum Teemarkt gefahren. Ein wildes Gewusel an Teebauern und Tee-Verarbeitern, darunter auch einige Frauen. Die Tees liegen als Muster in schwarzen Schalen bereit, können trocken begutachtet und bei Bedarf auch aufgegossen werden. Wer einen Tee kaufen möchte, gibt ein Gebot ab. Aussenstehende dürfen erst hinein wenn die Auktion vorbei ist, aber bei der Verkündung der Ergebnisse dürfen wir dabei sein. Es werden aufgerufen die Nummer des Musters, die Nummer des Käufers und der Preis. Wer den höchsten Preis für die betreffende Charge geboten hatte kriegt den Tee. Kazuhisa hat heute keinen erhalten; die Tees seien aber eh nicht wirklich gut, weil zu früh gepflückt.

Kazuhisa ist für uns ein spannender Lieferant, weil er selber auch an lokalen Teespezialitäten aus anderen Regionen Japans interessiert ist. So beziehen wir über ihn auch die postfermentierten japanischen Gohakkocha sowie die hiesigen Getreidetees aus Buchweizen ud Gerste Sobacha und Mugicha. Und neuerdings produziert er auch Maccha - einen sogar aus Kamairicha.

Wir erzählen auch hier von unserem Projekt, ein Buch über Japan und seine Teekultur zu machen. Auch Vera und Kazhisa freuen sich, unser Teebuch über China zu sehen. Sie bleibe besonders an den Rezeptseiten im hinteren Teil des Buches hängen.

Bilder des Teemarktes in Ureshino, wo jeden Tag die am Vortag verarbeiteten Tees versteigert werden

Teegärten und Teeverarbeitung

Nach einem Mittagessen fahren wir mit Kazuhisa und Vera durch ein wunderschönes Tal mit verschachtelten Teegärtchen zu einer Hochebene, wo Tee im grösseren Stil angebaut wird. Die kleinen Teegärtchen an Hängen in kleinen Dörfchen an einer kurvigen Strasse in einem engen Tal gefallen mir eigentlich besser als die grossen Teefelder auf der Hochebene, aber japanischer Teeanbau funktioniert nach anderen Kriterien. Vor allem sei die Teeverarbeitung der kleinen Teebauern in diesem Tal nicht so gut. Ich bin trotzdem interessiert, klar. Auch an der früheren, klassischeren Art des gedämpften Tama Ryokucha und an echtem, noch von Hand im Wok verarbeiteten Kamairicha. Gerne würde ich auch mehr verschiedene Kamairicha im Sortiment von Länggass-Tee haben, leider ist die Nachfrage danach in Bern nicht gerade hoch. Diese und weitere Fragen sprechen wir an, ich werde sie dann per Email konkretisieren und nach Mustern fragen.

Wir gehen durch die weiten Teefelder und begutachten Büsche und Boden. Kazuhisa kauft oft von diesem Tee und ist mit dem Teebauern gut bekannt und in engem Austausch. Der Handel läuft dann trotzdem über die Tee-Auktion, vor allem weil der Kauf respektive der Preis anonymer sei und durch die Teilnahme an vielen Tee-Einkäufern ein Preis zustande komme, der von mehreren Fachmeinungen gestützt sei. Er ruft den Teebauern an, dieser ist gerade daran, die heutige Ernte zu verarbeiten und lädt uns ein, die Produktion seines Aracha zu sehen. Dies ist eine gute Gelegenheit für uns, auf dieser Reise auch den Aracha-Verarbeitungsprozess zu sehen; zum Verständnis generell ist es sowieso von Vorteil, die Produktion immer wieder mitzuerleben, mit neuen Fragen, mit anderem Vorwissen.

Die Teegärten in der Ebene hoch über Ureshino sowie die Verarbeitung der frischen Teeblätter zum groben Aracha, der dann so im Teemarkt per Auktion verkauft wird und später von den Käufern zu Shiagecha veredelt wird.
Besuche in Ureshino früheren Jahren

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Kaspar Lange, April 2025