Auf den Spuren des Länggass-Tees

von Gabrielle Wyler Oberholzer, Reiseteilnehmerin 2025 und langjährige Kundin von Länggass-Tee
Reisetag | 12 Stunden – Direktflug und Ankunft in Shanghai
Wir fliegen durch die Nacht, dem Morgen entgegen. 6 Stunden werden langsam vorgestellt. Pünktliche Ankunft in Shanghai. Durch all die Kontrollen kommen wir schlank. Fingerprint, Gesichtserkennung einfach am Automaten. Die Pässe werden zwar schon lange angeschaut und geprüft, doch dann, Stempel in den Pass und welcome in China. Das (vermutlich überbezahlte) Taxi bringt uns ins Hotel, wo wir von den Südchina-Reisenden erwartet und herzlich empfangen werden! Zimmer beziehen im 30. Stock (von 38) und doch erst am Abend ins Bett! Wir Neuankömmlinge müssen jetzt den Tag „umebringe“. Geht ja noch recht gut! Wir machen einen "Stadtbummel" und sind von all dem Neuen abgelenkt. Lassen uns leiten, staunen und schlendern einfach mit. Der erste Besuch in einem chinesischen Teehaus! Ich erlebe es wie bei uns zu einem Kaffeetrinken gehen. Einfach zeremonieller.
Tag 1 | Shanghai – Suzhou
Die Ostchina Teereise beginnt, Tag 1 von elf. Mit unserer Gruppe ist unser Fahrer und die Dolmetscherin Nancy. Nancy hat schon Gerhard Lange viele Jahre auf seinen Einkaufsreisen begleitet. Zwei Stunden Fahrt nach Suzhou. Suzhou ist bekannt als „Venedig des Ostens“ und die Heimat des Bi Luo Chun, einer der berühmtesten Grüntees Chinas. Wir besuchen den Tee-Markt, dort wo nur Teehändler hinkommen und ihre Geschäfte machen. Innerhalb dieses Teemarktes, was eigentlich mehr eine grosse Halle mit verschiedenen Geschäften ist, erwartet uns Herr Zheng in seinem Teeladen und wir degustieren an seinem grossen Teetisch ein erstes Mal „in echt“ Grün- und Weiss-Tee. Auch einen sehr guten 15jähriger Old Bai Cha trinken wir. Und natürlich kaufen wir 50 Gramm von diesem Tee!
Doch zuvor stärken wir uns. ZMittag gibt’s in einem bei Einheimischen sehr beliebten Mini-Restaurant, wo es nur zwei Dinge gibt: gebratene Dim Sum mit Fleisch oder mit Gemüse. Natürlich frisch gemacht und äußerst fein.
Tag 2 | Suzhou
Nach einem „spannenden“ Frühstücksbuffet – Nudelsuppe geht immer – werden wir bequem zum nächsten Teeproduzenten gefahren (ca. 90min.). Hier bekommen wir Einsicht in die Produktion von Bi Luo Chun (Grüntee) und werden selber PflückerInnen. Ausgestattet mit Schürze und Korb gehen wir in den Teegarten, bekommen eine kurze Einführung wie die Teeblätter gepflückt werden und los geht’s. Fast meditativ empfinden wir es. Klar, geht ja auch ums vergnügliche Erleben. Danach geht’s an den Wok und wir erleben die heisse (!) Weiterverarbeitung. Was für ein schönes, knisterndes Geräusch als die Blätter in den heissen Wok kommen. Und später dieser Duft vom fertigen Tee! Die Menge Blätter, die wir hier übend verarbeiten, hat die Pflückerin heute Morgen in der Früh in 5 Stunden gepflückt.
Das Erleben von allem ist gegenseitig: wir fotografieren sie und sie fotografieren und filmen uns. Dass wir KünstlerInnen unter uns haben fasziniert sie sehr.
Zurück in Suzhou besichtigen wir einer der berühmten Gärten dieser 12,8 Millionen Grossstadt. Hier sind die Menschen fast noch spannender als die grossen Bonsai-Bäume und die (wenigen) Blumen. So geht’s wohl auch den Asiaten, wenn wir zu Zehnten bei ihnen vorbeischlendern. Ein leises Kichern. Viele Menschen. Ein Touristenort. Viel Verkehr. Gehupe. Rufen. Stau. Wie gehabt und an diesem Ort nochmals mehr: es ist lebhaft hier! Uns gefällt es und sind gleichzeitig froh, werden wir so gekonnt durch all dies geführt.
Es scheint hier Mode zu sein, sich besonders schön zu kleiden und sich frisieren und (weiss) schminken zu lassen. Dafür gibt es extra Geschäfte und dazu im Angebot, sich ein schönes, extravagantes Kleid zu leihen. Und dann, an einem touristisch bekannten Ort, sich gekonnt ablichten zu lassen.

Tag 3 | Suzhou – Yixing – Hangzhou
Weiter geht’s! Die Koffer sind wieder im Bus verstaut, wir lassen uns gespannt an den neuen Ort fahren. Unser Fahrer fährt uns gekonnt und oft hupend in zwei Stunden nach Yixing. Yixing ist die Heimat der berühmten Ton-Kännchen, die man fürs Gong Fu Cha Teetrinken benutzt. Früheste Siedlungsfunde mit Hinweisen auf Tonverarbeitung und -Gewinnung reichen bis 5000 Jahre zurück und belegen die lange Tradition der Keramikherstellung in Yixing. Der ganze Tag war diesem Handwerk gewidmet! Zu meiner Freude waren wir in einer Keramikwerkstatt. Da, wo die Töpfer ihre Kunstwerke zum Brennen bringen und wir konnten sehen, wie soooo viele Keramikkannen fertig gebrannt werden. … in einem ca. 50 m langem Brennofen. Dauer 19 Stunden, fliessbandmässig. Yixing-Teekannen werden ausschließlich von Hand gefertigt und nicht auf der Töpferscheibe gedreht. Der harte Ton wird mit einem schweren Holzhammer zu einer Platte geschlagen und Stück für Stück zusammengefügt. Staunend haben wir einem Töpfer über die Schulter geschaut, wie er „gspürig“ mit seinen feinen, langen Fingern gekonnt aus dem Klumpen Ton eine Kanne herstellt.
Unser heutiges Znacht – Früchte und chinesisches Knäckebrot – gab es im Bus auf der Weiterfahrt nach Hangzhou. Ankunft nach 2 Stunden in einem originellen Boutique Hotel, mit Blick auf den beleuchteten Tempel, für die nächsten 4 Nächte. 晚安 wān‘ān, Gute Nacht!

Tag 4 | Hangzhou – Long Jing – Meijawu
Nun sind wir in Hangzhou, der Wiege des Long Jing, des berühmtesten Grüntees Chinas. Heute sind wir nun wirklich auf den ersten Spuren vom Länggass-Tee! Meijawu in der Gegend des originalen Long Jing war das erste Dorf, wo Gerhard Lange seine ersten Verbindungen zu Teeverkäufern knüpfen konnte. In der Zwischenzeit hat sich an diesen Orten vieles verändert, wurde moderner, grösser, touristischer. Jedoch nicht die Teekultur und die Qualitäten des Anbaus. Für Langes ist diese Gegend noch immer ein vertrauter Ort, verbunden mit dem jährlichen freudigen Wiedersehen mit der Teehändler-Familie Mei. Unsere Fahrt ins Dorf Longjing war Frühmorgens, ohne Frühstück, das gab es erst in Longjing. Gestärkt mit der obligaten Nudelsuppe begann unsere 2 Stündige Wanderung. Rauf über den Löwengipfel, entlang unzähliger Teebüschen und wieder runter ins Dorf Meijawu. Mitten in den Teegärten zu sein, überall in den Teebüschen Pflückerinnen zu begegnen, diese Landschaft, diese Kultur – und nun selber Teil davon zu sein …. unbeschreiblich schön! Ein einmaliges, unvergessliches Gefühl. In Meijawu angekommen, besuchten wir die Familie Mei. Die Familie Mei produziert Long Jing und auch sie luden uns zu einer Tee-Degustation ein. Wir sahen zu, wie nun die frisch gepflückten Teeknospen weiterverarbeitet werden. Hörten, was bei der Produktion dieses Grüntees wichtig ist – diese Teeblätter werden gepresst – und erfuhren es aus erster und eigener Hand. So einfach ist es nicht, wie es beim Meister aussieht! Und der Wok ist 200 Grad heiss.
Von Tag zu Tag wächst meine Wertschätzung zum Tee. Bekomme einen Eindruck der Tiefe dieser Teekultur. Wie viel Arbeit in Anbau und Verarbeitung von Tee steckt. Bin auch fasziniert von den Teepflückerinnen. So viele fleissige Frauen in ihren bunten Hüten. Sie wirken fröhlich. Es ist ein schönes Bild, sie so zusammen zu sehen.
Zurück in Hangzhou führte uns Lukas zu einer grossen, alten Apotheke, wo die Anwendung der chinesischen Medizin noch gelebt, respektive verkauft wird. Wir riechen das Geschäft schon von weitem. Hier finden wir nix in Pulver- oder Tablettenform, wie wir es uns in unseren Apotheken gewohnt sind. Oh nein! Staunend sehen wir getrocknete Wurzeln, Hölzer, Blüten, Pilze und sogar Tiere (auch Seepferdchen) in Gläser und Boxen, die dann in Pulver gemörsert, gemixt und abgepackt verkauft werden. Mir chli gewöhnungsbedürftig.
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Tag 5 | Hangzhou
Gestern noch hatten wir über 30 Grad und heute ein Zwischentief mit Regen und Kälteeinbruch. (14 Grad) Was macht man auf Reisen, wenn’s halt doch mal regnet? Man geht ins Museum und sucht sich danach ein kuscheliges feines Restaurant zum Essen. So haben auch wir es gemacht: Das nationale Teemuseum ist ein modernes Museum. Begrüsst wurden wir am Eingang von der Statue Lu Yu, dem Teegott. Die Infos waren umfangreich: Alles über die Teepflanzen, ausführliche Geschichte der Teekultur durch die verschiedenen Zeiten und Ursprung, detaillierte Beschreibung der verschiedenen Teesorten und deren Herstellung. Nach dieser Reise werden wir Laien etwas mehr über grünen, gelben, weissen, roten und schwarzen Tee wissen. „Chli me!“ Das Wissen ist immens, wie in jedem Fachgebiet. Und dann erst noch all die chinesischen Namen dieser Tees! Während wir schon den ersten Tee des Tages degustierten, stand Nancy schon beim nahegelegenen Restaurant an. Ein bekanntes und ausgezeichnetes Restaurant, in welchem die Gerichte mit Tee gekocht werden. Ein Erlebnis. Wir essen immer sehr gut, hier jedoch war‘s nochmals ein Tick besser und spezieller!
Eigentlich wäre es ja schwierig hier in China das richtige Restaurant zu finden und dann noch wissen was bestellen! Doch da sind wir durch Lukas, der schon vieles kennt, und Nancy, die von hier ist, sehr verwöhnt. Und das geht so: In China hat es in den Restaurants oft auch mehrere abgeschlossene Esszimmer. So auch für uns. Chambre séparée. Das Gedeck ist stets gleich: Teller, kleines Glas, Schäli und Essstäbchen, meist alles in einer Folie eingepackt. Wir sitzen am runden Tisch und in der Mitte hat es eine Drehglasplatte. Da werden nach und nach die einzelnen Speisen aufgetischt. Und dann geht’s rum, im Kreis und jede:r schnappt sich mit seinen Stäbchen was raus. Mittlerweile essen wir gekonnt mit den Essstäbchen und schlürfen wie die Landsleute. Nancy weiss was wir gerne essen und übernimmt – meist schon zum Voraus – die Bestellung. Es sind jeweils 12 / 14 verschiedene Speisen. Schön angerichtet. Viel Gemüse, bekannte und auch nicht. Ganz viel Bambus in verschiedenen Variationen. Spezielles Vegi: Tofu mit Speck „gewürzt“. Reis gibt es übrigens erst zum Schluss. Das ist hier so üblich. Zur Sättigung. Und wie bereits erwähnt: stets und bei uns sehr beliebt zum Frühstück die Nudelsuppe.
Tag 6 | Hangzhou
Sonntag, seit einer Woche nun sind Daniel und ich in Ostchina. Wir haben schon so viel erlebt, es kommt uns auf angenehme Weise viel länger vor. Der Tempel, den wir vom Zimmer, ja vom Bett aus sehen, besuchen wir heute Morgen. Der City God Pavilion und der angrenzende Tempel ist einer der ältesten buddhistischen Tempel in China. Es heisst, er sei der Beschützer der Stadt.
Danach geht’s zu Mr. Pan. Er führt uns durch (s)einen Teegarten, der unter Naturschutz steht. Ein Ort zur Forschung, wie sich die Teepflanzen beim Klimawandel verhalten. Seine Erläuterungen darüber sind ausführlich. Die kurze Wanderung zum Garten führte uns durch ein Wäldchen mit prächtigen, geschützten alten Bäumen.
Nach dem wiederum feinen Mittagessen wünschten wir uns alle eher eine Hängematte. Doch Lukas hatte mit uns etwas anderes vor: Einen Spaziergang am wunderschönen West Lake entlang. … mit vielen anderen Menschen, die den sonnigen Sonntag geniessen wie wir. Oft wieder die Fotografen mit ihren Modellen, die auffallend posieren. Für uns nebst viel Natur eine unterhaltsame Abwechslung. An diesem Tag waren wir 12 Stunden unterwegs und sind 10 km gelaufen. Mit einer Pause in einem Gartenrestaurant zum – natürlich – Tee trinken. Beim Abendessen war’s toll, weil jede/r einen eigenen Tee bestellte und wir viel zum Gegenseitigen probieren hatten. Dazu wurden immer wieder kleine Snacks aufgetischt, überraschungsreich!
Tag 7 | Hangzhou – Wuyishan
Wir verlassen die Gegend vom Grüntee und fahren Wuyishan entgegen, liegt in der Provinz Fujian und ist berühmt für Wuyi Rock Tea, dunkle, holzkohlegeröstete Oolongs. Die Reise nach Wuyishan mit dem Hochgeschwindigkeitszug dauert 2 Stunden und 50 Minuten. Wegen allen Formalitäten, die so sind wie bei uns am Flughafen, waren wir rechtzeitig da. Alles geht geordnet vor, brav anstehen und bei der Kontrolle einfach lächeln. Wo man sich auf dem Perron zum raschen Einsteigen hinstellen soll, ist klar am Boden mit der entsprechenden Nummer angeschrieben. So gibt es nur ein Gedränge, wenn Westler mit ihren Koffern kommen. Mit einer Geschwindigkeit von 290 km/h fahren wir an Tee- und Reisfelder vorbei. Es wird „bergiger“. Bei der Ankunft besichtigen wir zuerst das Dorf und sind wiederum begeistert von den neuen Szenen. Das Mittagessen gibt es in einem von Mrs. Yu empfohlen Strassenrestaurant. Sie ist die hiesige Teeproduzentin, die uns danach erwartet und – auch hier – uns in ihrem Teegeschäft erwartet, uns an ihren Teetisch einlädt und wir fasziniert ihren Betrieb bestaunen können. Zum ersten Mal sehen wir, wie Oolong Tee in einem Raum über Stunden geröstet und maschinell und unverzichtbar von Hand verarbeitet wird. Es riecht herrlich! Mrs. Yu ist Lange’s eine bekannte Teeproduzentin und im Länggass-Teeladen ist ihr Tee zu kaufen. (Sehr zu empfehlen!)
Big Brother ist omnipräsent. Überall hat es Überwachungskameras, welche wohl jeden Schritt von uns im Blick haben. Anfangs hatten wir mehr einen Blick dafür. Doch unterwegs, unter all den Menschen „im Alltag“, vergessen wir es. Angekommen im Flughafen Shanghai erkannte ich zum Beispiel erst auf den zweiten Blick, dass die vielen Hängelampen Kameras waren. Bei Kameras und Polizisten ist es besser nicht zu fotografieren.
Der meist gesprochene Satz von unserem Reiseleiter ist: „Göt no mau ga bisle, mir gö i 10 Minute!" Welcher Reiseleiter sagt das schon zu einer erwachsenen Gruppe?! Doch auf einer Teereise … Darauf ist der meist gesprochene Satz der Reisegruppenteilnehmenden folglich: „Wie isch es?" Denn, sobald der oder die Erste auf dem WC war, wird er/sie ausführlich befragt. Die Hauptfrage: westlich oder chinesisch (also stehend mit Abflussloch), sauber oder halbsauber oder gar nicht sauber oder schrecklich. Hat es WC- Papier? Wo, wenn eine, ist die Spülung? Die Antworten entscheiden dann, ob man`s noch verklemmen tut oder nicht. Behinderten-WCs sind uns die Allerliebsten; wenig benutzt, westlich, genug Platz.
Nachtrag: …. und am Morgen, der zweit häufigster Satz vom Reiseleiter: „Hej aui dr Pass?“
Tag 8 | Wuyishan Nationalpark
Das Wuyi-Gebirge bietet als Unesco-Weltnaturerbe wunderbare Landschaften und eine reiche Pflanzenwelt …. und ist zugleich bekannt für die Produktion von Wuyi Rock Tea (Dies für die Teekenner). Da gibt es einen riesigen Nationalpark, der über einen Weg führt, der von diversen Teepflanzenvarietäten gesäumt ist. Überall hat’s Tee, wild, terrassiert, einige Büsche, grosse Gärten. Plötzlich mittendrin ein Kloster. Da überraschte uns Lukas zur Teepause mit einem Gong Fu Cha. Die ganze Landschaft atemberaubend schön! Eine gut fünfstündige Wanderung, (16,9 km) haben wir gemacht, mit sehr anspruchsvollen Stellen. Das Highlight, oder besser gesagt der Fitnesstest war der berühmte Aufstieg „on the rock“. Eine unglaublich steile Treppe, 1’117 Stufen, dadurch 400 Höhenmeter. Wir haben es alle geschafft, in 30 Minuten. Zur Belohnung diese Weitsicht! Steil runter oder rauf gings immer mal wieder, unwegsam war es auch. Aber eben: wunder-wunderschön! Begleitet wurden wir von Vogelstimmen, die wir noch nie gehört haben, eine wahre Freude. Und sogar eine Art weisser Pfau schreckten wir auf. Rückblickend ein genialer Tag, den wir nicht missen möchten – Unvergesslich schön!

Tag 9 | Wuyishan und 外良村 wài liáng
Frühmorgens Tagwacht! Hätten es wohl alle gerne nach dem gestrigen Tag etwas ruhiger angegangen. Doch das nächste Abenteuer erwartete uns! Mit unserem Büssli fahren wir eine lange Weile eine enge Bergstrasse hinauf in ein sehr abgelegenes Bergdorf. Dem Fahrer gefällt die Strecke, wir schauen zwischendurch lieber weg. Wir begegnen immer noch Neuem! Nun eine sehr ländliche und einfache Gegend, weit weg von der Agglomeration. Von den Teebauern werden wir erwartet und sogleich zum Pflücken in den Teegarten geführt. Zum Pflücken sind wir eigentlich eine Woche zu früh. Unser Tee wird ein feiner grüner Oolong. Den ganzen Tag sind wir hier und sehen und machen mit, wie unsere gepflückten Blätter zu einem Tee verarbeitet werden. Ein langer Prozess und pure, einfache und anstrengende Handarbeit! Pflücken – kurz zum ersten Welken an der Sonne auslegen – dann in grossen Körben die Blätter schütteln, damit die Blätter aneinander reiben und die Oxydation gestartet wird – danach in den Wok (wo zuvor gekocht wurde) zum befeuern – und zum Schluss mit aller Mannskraft formen, in dem man rollt – und dann noch über Wärme trocknen lassen. Es ist wohl die heutige Attraktion für die älteren Menschen hier. (Gäste, wie die Gruppe der Länggass-Teereise sind hier einzigartig.) Sie kommen alle und wollen auch mitmachen. Jeder weiss am besten wie. Es scheint uns, als necken sie einander. Ein fröhlicher Singsang. Sie schauen auch uns zu, lachen. Zu Recht. Das Schwingen und Aufschütteln der Blätter im flachen, grossen Korb ist nicht so einfach wie es bei ihnen aussieht. Wir sind auch zum Zmittag eingeladen und können der Köchin über die Schulter schauen. Ein Wok, viel vorbereitetes Gemüse, Eier, Fleisch (hier Gans mit Gänsebeinen), all dies mit wenigen Gewürzen, viel Chilis. Fein war’s! Dazu unser erster Reisschnaps. Prost! Gan bei!! Übersetzt: Leert den Becher! Das war ein unvergesslich schöner, aussergewöhnlicher Tag!

Tag 10 | Wuyishan – Tongmuguan
Unser letzter Besuch bei einem Teeproduzenten musste von Nancy und Lukas gut vorbereitet sein, denn die Teeplantage von Mr. Wu Lu Bin liegt im Sperrgebiet. Weil, hier haben die Engländer in früheren Zeiten den Chinesen den Tee gestohlen. Nun langsam wird das Gebiet wieder für Touristen geöffnet und wir müssen uns nicht hineinstehlen, wie vor Jahren Kaspar Lange. Unser Fahrer fährt uns in ein sehr abgelegenes Tal in Tongmuguan. Hier wächst der Tee inmitten von Feuchtwäldern mit vielen und grossen Bambus versetzt. Saftiges grün, anders, wunderschön. Die Verarbeitung von Schwarz- und Rauchtee, ist nochmals anders. Mit einer Maschine, die für mehrere Verarbeitungen verwendet wird. Die Rauchkammer, was typisch für diesen Tee ist. Und dennoch bleibt viel Handwerk. Schönes Handwerk! Die Teeblätter in all ihren verschiedenen Phasen in die Hände zu nehmen, zu sehen, wie sie sich verändern und dabei zu riechen, eine grossartige Freude. Die alte, kleine Fabrik ist ein wunderschönes Fotosujet. Komme mir vor wie in einem Westernfilm.
Es geht dem Ende zu! Morgen Freitagabend werden wir in Shanghai ankommen, unsere offizielle Teereise geht zu Ende. Dann wird sich unsere tolle Dolmetscherin Nancy, die eigentlich Ning Liu heisst, von uns verabschieden. Darum sind wir bereits heute von Lukas zum Abschluss-Abendessen an einem traumhaft schönen Ort eingeladen. Da feiern wir unsere Teereise und danken Lukas und Nancy für ihre unermüdliche, abwechslungsreiche, spannende, geduldige, humorvolle, stimmige und aussergewöhnliche Leitung und Reiseorganisation. Wir wurden verwöhnt, haben in wunderschönen Hotels übernachtet, stets gut gegessen und konnten uns rundum auf die Reiseleitung verlassen. "Sorglos, einfach mitgehen."
Alleine hätten Daniel und ich wohl nie so schöne Orte entdeckt, hätten sicher weniger nahen Kontakt zu den Menschen gehabt und kaum einen Einblick in ihr Leben mit Tee bekommen. Sich in China zurechtfinden ist nicht easy, schwierig die Kommunikation, denn die Chinesen sprechen kaum bis gar kein Englisch. (Obwohl sie es in der Schule lernen.) Und alles geht auch nicht mit der Übersetzer-App. Der hat manchmal sehr witzig übersetzt. Kurzum: Dank den langjährigen aufgebauten Kontakten, anfangs von Gerhard, nun von Kasper und Lukas weitergeführt, sind Langes Teereisen einmalig! (Kleiner Werbespot, "unbezahlbar")

Tag 11 | Wuyishan – Shanghai
Obwohl Wuyishan ein „kleiner“ Bahnhof ist, geht’s durch eine Pass-, Personen- und Gepäckskontrolle. Irgendjemand von uns wird immer etwas länger kontrolliert. Sei es, weil für sie die o‘s (Buchstabe) und 0 (Zahl) schwierig zu unterscheiden sind. Oder einfach, weil ihnen unser Pass gefällt. Die fast vierstündige Fahrt ist kurzweilig. AirDrop zum gegenseitigen Foto austauschen ist rege im Gebrauch. Wahnsinn wie viel Fotos wir gemacht haben!
In Shanghai angekommen verabschieden wir uns bereits von einigen, unsere gemeinsame Reise ist zu Ende. Die letzte Fahrt mit uns, die erst morgen oder übermorgen heimfliegen, mit dem klapprigen Bus vom Bahnhof zum Flughafen-Hotel dauert nochmals im abendlichen Rush Hour zwei Stunden. Die Distanzen sind einfach enorm!
Wieder daheim. Was bleibt?
Das noch bewusstere Geniessen!