Neue Teekannen- Kunsthandwerk aus Chaozhou

New products  /  08. May 2025
Neu im Sortiment: drei handgemachte Chaozhou Teekännchen. Vom Besuch im Studio von Cai Yujian und eine Vorstellung der Teekannen aus Chaozhou Ton.

Chaozhou, eine Stadt in der südchinesischen Provinz Guangdong, hat eine unvergleichliche Teekultur. Nirgends sonst auf der Welt ist Gong Fu Cha, die chinesische Teezubereitung, so tief im Alltag verankert. Auf unserer Einkaufsreise im Frühling 2024 machten wir für einige Tage in dieser Stadt halt. Wir besuchten Yujian, ein junger Keramiker, der sich auf Chaozhou-Teekannen spezialisiert hat. Ich hatte ihn per Zufall im Internet entdeckt und angeschrieben, ob wir ihm einen Besuch abstatten dürfen. Solche Vorhaben sind immer riskant: wir können im Vorhinein nicht wissen, wie es um die Qualität der Waren steht, ob sie sauber – im Fall von Teekeramik auch schadstofffrei – produziert sind und ob der Handel unter den gegebenen Bedingungen möglich ist und sich logistische Hürden überwinden lassen. Jeder Halt auf der Einkaufsreise hat eine limitierte Zeit, jeder Tag ist kostbar. Doch wir hatten Glück, die Teekännchen sind alles was wir uns gewünscht haben, zwischenmenschlich wie auch organisatorisch passte alles. Zudem lernten wir durch Yujian Vater und Sohn Qiu kennen bei denen wir unser Chaozhou Porzellan beziehen. Den Besuch ebenda habe ich im Eintrag über Chaozhou-Porzellan festgehalten. Mit viel Freude dürfen wir nun drei Teekannen für Gong Fu Cha in bester Qualität von Yujian in unserem Sortiment präsentieren.

Yujian empfing uns in seinem Studio – wie so oft in diesem Metier im dritten Stock eines alten Industriegebäudes: großzügige Räume, eingerichtet mit alten Möbeln, zugleich Ausstellungsraum, Wohnzimmer und Arbeitsplatz. Wir verbrachten einen Tag bei ihm, schlürften Unmengen Dan Cong, diskutierten und erfuhren mehr über sein Handwerk.

Yujian ist ein junger Künstler, der sich mit seinen stilistisch ausgefeilten Kannen bereits einen Namen machen konnte. Die Leidenschaft für die Teekultur ist ihm anzumerken. Mit glänzenden Augen zeigt er uns Referenzstücke, Ausschnitte aus verschiedenen Fachbüchern und seine Sammlung antiker Keramiken. Er gehört, zusammen mit wenigen anderen seiner Generation, zu den jungen Menschen, welche die traditionelle Teekultur zelebrieren und weitertragen.

Seit zehn Jahren widmet er sich in seinem Atelier der Herstellung von Tonkannen. Da er als Kunsthandwerker selbständig tätig ist, hat er Freiraum, sich mit seiner Arbeit vertieft auseinanderzusetzen. Stilistisch orientiert er sich an den historischen Vorbildern. Er erzählt von seinem Leben, es sei ein einfaches und zufriedenes, ganz im Sinne der Teekultur. Er arbeitet an seinen Kannen, trinkt Tee mit Freund:innen. Er freut sich wenn im Frühling der Duft der Magnolienblüten ins Studio zieht.

Yujian verwendet selbst ausgewählten lokalen Ton ohne Fluss-, Bindemittel, Farb- oder sonstige Zusatzstoffe. Er betont, dass alleine die Auseinandersetzung mit dem Rohmaterial sehr anspruchsvoll ist. Die Zusammensetzung ist je nach Herkunft anders, für brauchbare Ergebnisse benötigt man viel Erfahrung. Diese kommt in erster Linie durch trial and error. Im Gegensatz zu den berühmten Yixing Kannen, erlaubt die Elastizität des lokalen Tons die Kannen auf der Töpferscheibe zu drehen. Um eine Kanne herzustellen benötigt er etwa eine Woche. Das heisst nicht Arbeit am Stück: der Ton muss zwischendrin immer wieder trocknen, um weiterverarbeitet werden zu können. Jeden Tag stellt er ein bis zwei Kannen fertig.

Die Produktion von Chaozhou Teekannen ist ein jüngeres Phänomen. Dass Töpfer:innen sich auf diese Form der Keramik zu spezialisieren begannen kam erst mit der modernen Teekultur-Revival-Bewegung in den 80er und 90er Jahre auf. Stark orientiert an dem Design der berühmten Yixing Kannen, haben sie mit lokalem Ton Teekannen für die eigene Teekultur, dem Chaozhou Gong Fu Cha, entwickelt. Diese auch Chaozhou-Stil genannte Zubereitungsart ist omnipräsent in den Strassen von Chaozhou. Irgendwo steht immer ein Tablett, darauf ein kleiner Gaiwan oder eine Kanne umringt von drei winzigen Porzellan Tässchen, in der Nähe sprudelt kochendes Wasser. Lautstark wird sehr kräftig zubereiteter Feng Huang Dan Cong Oolong geschlürft. Neben der gelassenen Alltagsteekultur hat sich auch eine formellere Variante des Chaozhou Gong Fu Cha entwickelt. Bei dieser ritualisierten Form werden Kannen dem Gaiwan vorgezogen. Früher kamen diese aus Yixing, heute meistens aus Chaozhou. Wer mehr über diesen Teestil erfahren möchte, siehe die Einführung Chaozhou Style Gongfucha. Heutzutage sind Chaozhou Kannen berühmt für die schlichte Formsprache, die kleinen Dimensionen (oft weniger als 100ml) und die hauchdünn gearbeitete Wandung.

Der Ton, aus dem die Kannen hergestellt werden, stammt aus Vorkommen im Hinterland rund um die Stadt Chaozhou. Yujian verwendet für seine Kannen mehrere Arten von Ni Liao 泥料 (Tonmaterial), die alle aus Chaozhou stammen. Es gibt viele Namen für den Chaozhou-Ton, darunter Jidan Huang Ni 鸡蛋黄泥 (Eigelb-Ton) oder Chaozhou Zhuni 鸡蛋朱泥 (Chaozhou Zinnoberton). Viele dieser Namen wurden zu Marketingzwecken frei erfunden – zusammengefasst spricht man einfach von Chaozhou Ni 潮州泥 (Chaozhou-Ton). Die Tongewinnung in Chaozhou erfolgt überweigend privat, und die Fundorte der Ni Kuang 泥矿(Tonvorkommen/Miene) werden von den Produzenten zumeist geheim gehalten.

Chaozhou Ton wird grob in zwei Hauptkategorien unterteilt: Shan Kuang und Tian Ni.
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Shan Kuang (山矿 – Berg-/Felsenerz)
Gewonnen aus felsigem Gestein in den Bergen rund um Chaozhou. Der Ton wird abgebaut, zerkleinert, gewaschen, gesiebt, oxidiert und über mehrere Jahre – meist 2 bis 3 oft länger – natürlich gealtert. Er enthält eine komplexe Mineralstruktur und ist schwierig zu verarbeiten. Gebrannt ergibt er einen dichten glatten Scherben, der Tee der darin zubereitet wird ist tendenziell kräftiger.
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Tian Ni (田泥 – Feldton)
Stammt aus tiefen Erdschichten und ist feinkörniger und von Natur aus geschmeidiger als Shan Kuang. Nach der Aufbereitung kann er bereits nach etwa einem Jahr verwendet werden – dann hat er eine ausreichende Plastizität zur Formung zur Teekannen. Gebrannt ergibt Tian Ni einen eher porösen Scherben, welcher beim Teeaufguss zu einem runden, sanften Mundgefühl führt.
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Oft wird Tian Ni mit Shan Kuang gemischt, um die «Weichheit» des Feldtons mit der «Kraft» des Bergtons zu kombinieren. So entsteht ein Tee mit Tiefe und betonter Aromatik, ohne den ursprünglichen Charakter zu verlieren. Viele moderne Kannen bestehen aus dieser Mischung.

Wir haben drei klassische Chaozhou-Kannenformen ausgewählt, zwei aus gemischtem Ton und eine aus einem speziellen Tian Ni:

Chao Zhou Li Hu 梨壶
(Birnen-Kanne) ≈90ml

Die klassischste Form für Chaozhou Kannen überhaupt. Die Li Hu Form stammt aus der späten Ming- bis frühen Qing-Dynastie und wurde erstmals in Yixing als eigenständige Form erwähnt. Inspiriert von der Form einer Birne – oben schmal, unten rund, elegant geschwungen – zählt sie heute zu den wichtigsten traditionellen Kannenformen der Chaozhou-Kultur, der Tee kann sich im unteren Teil gut entfalten und der Duft wird durch die sich verjüngende Form beibehalten. Die Li Hu Form gilt als Prüfstein für das handwerkliche Können von Keramiker:innen in Chaozhou. Ihre Feinheit liegt in der ausgewogenen Formgebung: Nur bei präzisem Drehen entsteht eine elegante, nicht plumpe Kanne. Auch das Gleichgewicht von Griff, Ausguss und Schwerpunkt ist anspruchsvoll.

Diese Kanne wurde aus einer Mischung aus Tian Ni und Shan Kuang gefertigt. Dank ihrer hohen Kristallinität ist sie besonders gut für Oolong geeignet – sie konzentriert das Aroma und intensiviert das Geschmackserlebnis.

Da Kou Shui Ping 大口水平
(Grosse Öffnung Wasser Eben) ≈85ml

Dank der großen Deckelöffnung besonders praktisch zum Einfüllen und Ausleeren von Tee. Der Name der Form Shui Ping 水平 setzt sich zusammen aus 水= Wasser und 平 = eben, ausgeglichen. Die Shui Ping-Kanne wurde im 16. Jahrhundert während der späten Ming-Dynastie entwickelt und ist seitdem ein Klassiker. Geprägt wurde sie durch Yixing-Meister wie Shi Dabin 时大彬, dessen Leitsatz „Form folgt Funktion“ bis heute in der Kanne nachwirkt. Moderne Shui Ping-Kannen haben einen tiefen Schwerpunkt, wobei Griff, Ausguss und Deckelknauf auf einer Linie liegen.

Diese Kanne wurde ebenfalls aus einer Mischung aus Tian Ni und Shan Kuang gefertigt. Dank ihrer hohen Kristallinität ist sie besonders gut für Oolong geeignet – sie konzentriert das Aroma und intensiviert das Geschmackserlebnis.

Shen Ceng Shui Ping Hu 深层水平壶
(Tiefe Schicht Shui Ping Kanne) ≈90ml

Shui Ping Form in klassischer Interpretation.

Diese Kanne wurde aus einer seltenen Tonart hergestellt: Shen Ceng Tian Ni 深层田泥 (Tiefschichtiger Feldton). Yujian bereitet diesen Ton mit einer aufwändigen Technik auf die sich Tiao Sha 调砂 (Sandbeimischung / Sandmischtechnik) nennt. Der Ton wird zunächst bei niedriger Temperatur gebrannt, anschließend zermahlen und gesiebt, dann wieder mit rohem Ton vermischt. Diese Methode verbessert die Atmungsaktivität der Kanne. Die Oberfläche ähnelt der von Yixing-Ton. Die Eigenschaften dieses Tons fördern den Nachgeschmack des Tees und bewahren den Charakter des Duftes.

Zum Gebrauch

Es gilt was bei anderen unglasierten Tonkannen wie Yixing, Jianshui oder Yuankuang auch zu beachten ist. Die Kannen wurden kunsthandwerklich hergestellt und dienen als Gebrauchsgegenstand. Wie alle unglasierten Aufgussgefässe beeinflussen die Kannen Geschmack und Aroma des Tees. Diese Effekte sind sanft aber im Vergleich zu glasierten Kannen deutlich wahrnehmbar.

Chaozhou Ni hat wegen der sehr dünnen Wände eine geringere Wärmespeicherung als andere Tonkannen und eignet sich für verschiedenste Teearten. Feng Huang Dan Cong, einer der berühmten China Oolong wird in den Hügeln hinter Chaozhou angebaut und dominiert die lokale Teekultur. Entsprechend eignen sich Chaozhou Kannen besonders für diese Oolong Kategorie. Gerne wird erwähnt, dass der Ton aus denselben Mineralien besteht, wie die Erde worauf der Tee wächst. Wie bei fast allen Tonkannen werden Bitterkeit und Adstringenz verringert, die Textur der Flüssigkeit und der Nachgeschmack verändern sich. Im Gegensatz zu den meisten anderen dämpfen Chaozhou Kannen allerdings das Aroma viel weniger. Die dünnen Wände sorgen dafür, dass der Tee nicht überbrüht.

Diese Eigenschaften sorgen aber auch bei anderen Tees für gute Ergebnisse. Wir haben unter anderem gute Erfahrungen mit dunklen Oolong wie Wuyi Yan Cha, mit jungen Sheng Pu Er und Schwarztee gemacht. Es lohnt sich auszuprobieren.

Yujian betonte das "aufziehen" einer Kanne. Durch die komplett naturbelassene Tonmasse bekommen seine Kännchen bei stetiger Benützung eine sanfte Patina. Jede Kanne ist einzigartig und entwickelt sich im Verlauf der Jahre. Eine solche Beziehung zu einem Gegenstand ist in der heutigen Wegwerfgesellschaft selten und setzt mit Sorgfalt, Geduld und Verbindlichkeit einen schönen Akzent.

Wie bei den Yixing Kannen gibt es Diskussionen um die "sortenreine Verwendung" einer Kanne. Also dass für eine bestimmte Kanne nur eine bestimmte Verarbeitungsart der Teepflanze, z.B. Oolong, verwendet wird und keine anderen Tees darin zubereitet werden. Eine Kanne, die nur für ganz bestimmte Tees reserviert ist, kann durchaus ihren besonderen Reiz haben. Aus unserer Erfahrung eignet sich Chaozhou Ton gut für die Zubereitung verschiedener Tees im selben Kännchen.

Beim ersten Benutzen einer Chaozhou Kanne geht möglicherweise ein leichter Tongeruch von dem Kännchen aus. Das ist völlig normal, er wird sich nach ein paar Tees legen. Wer das nicht mag, kann das Kännchen auch mit einigen langen und heissen Teeaufgüssen vorbereiten, die den Tongeruch aufnehmen.


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